FIZ Statement zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen – 25. November

Überall auf der Welt gehören Gewalterfahrungen zum Alltag von Frauen* und Mädchen*. Patriarchale Strukturen und Traditionen legitimieren diskriminierende Gesetzgebungen oder gewaltvolle Verhaltensweisen. Viele Frauen müssen ihre Herkunftsländer verlassen um Schutz vor Gewalt und Verfolgung zu finden.

Anlässlich des Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen erinnern wir daran, dass der deutsche Staat sich dazu verpflichtet hat, geschlechterspezifische Verfolgung als Asylgrund anzuerkennen. Dazu gehören:

  1. Ausübung geschlechterspezifischer Gewalt im Kontext politischer Verfolgung oder Diskriminierung aufgrund ethnischer und religiöser Identität – z.B. Vergewaltigung als Kriegsstrategie; Versklavung jesidischer Frauen* durch den sogenannten Islamischen Staat

  1. Verfolgung von Frauen* und Mädchen* mit dem Ziel, staatliche oder gesellschaftliche Normen und Moralvorstellungen durchzusetzen – z.B. Zwangsabtreibung, Verfolgung aufgrund sexueller Orientierung oder Bestrafung wg. Ehebruch
  1. Verfolgung von Frauen* und Mädchen*, die auf der gesellschaftlich akzeptierten und untergeordneten Rolle von Frauen basieren und vom Staat geduldet werden – z.B. weibliche Genitalverstümmelung/Beschneidung (FGM/C), Zwangsheirat und Kinderehen, Kinder-, und Frauenhandel

Das Fraueninformationszentrum (FIZ) unterstützt Frauen* dabei ihre Gewalterfahrungen im Asylverfahren geltend zu machen. Leider müssen wir feststellen, dass Menschenhandel, drohende Genitalverstümmelung (FGM/C), Zwangsheirat oder häusliche Gewalt im Herkunftsland nur noch selten als hinreichende Verfolgungsgründe gewertet werden. Das muss so nicht sein, denn das deutsche Asylgesetz bietet eine rechtliche Grundlage, um Betroffenen geschlechtsspezifischer Gewalt eine Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Die negative Anerkennungspraxis des BAMF und die dogmatische Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte sind aus menschenrechtlicher Sicht fatal. Frauen* fliehen nicht ohne Grund. Ein langfristiger Schutz für Betroffene ist überlebenswichtig, denn nur in Sicherheit können Gewalterlebnisse verarbeitet und neue Lebenspläne entworfen werden. Als feministische Menschenrechtsorganisation erkennen wir in der Nicht-Anerkennung geschlechterspezifischer Verfolgungsgründe im Asylverfahren und damit der Verweigerung von Schutz eine Form struktureller Gewalt. Geflüchtete Frauen*, die auch in Deutschland sexistisch-rassistischer Diskriminierung ausgesetzt sind, haben keine Lobby. Dabei stehen ihre grundlegenden Menschenrechte, ihr  Recht auf Leben und Selbstbestimmung auf dem Spiel. Wir brauchen Strukturen, die Frauen* unabhängig von ihrer Herkunft fördern und schützen. Nur so kann Deutschland sich glaubwürdig gegen Gewalt an Frauen* positionieren!

 

Das FIZ schließt sich den Forderungen des Landesfrauenrats Baden-Württemberg an (s. Download).