Jeden Tag versucht in Deutschland ein Mann seine Frau oder Ex-Partnerin umzubringen. Alle drei Tage schafft es einer von ihnen. Diese Situation ist weltweit ähnlich und in vielen Ländern sogar noch gravierender. Am 25. November jährt sich der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen.
2011 wurde die Istanbul-Konvention des Europarats verabschiedet. Diese legt fest, dass jede Form von Diskriminierung, psychischer oder physischer Gewalt gegen Frauen eine Verletzung ihrer Menschenrechte ist. Sieben Jahre später trat die Istanbul-Konvention in Deutschland in Kraft. Damit verpflichtet sich Deutschland Gewalt gegen Frauen umfassend zu bekämpfen und Unterstützungsstrukturen für Betroffene aufzubauen.
Die Istanbul-Konvention betont die Notwendigkeit, auch Frauen zu schützen, die von Gewalt in der Partnerschaft betroffen sind. Partnerkonflikten liegt oft das Konzept zugrunde, dass Frauen als Eigentum des männlichen Partners oder männlicher Familienmitglieder gelten. Bedenken Sie, dass vor dreißig Jahren in Deutschland eheliche Vergewaltigung nicht als Verbrechen galt. Versucht die Frau sich aus der Gewaltsituation zu lösen, zum Beispiel durch eine Trennung, wird ihr die Verantwortung für die Aggression zugeschoben.
Gewalt gegen Frauen, die mit dem Tod der Betroffenen enden, werden selten als das benannt was sie sind, nämlich Femizide. Durch Euphemismen wie "Leidenschaftsverbrechen", "Leidenschaftstragödie", "übermäßige Eifersucht", "Liebe jenseits der Grenzen" wird die patriarchale Gewalt, die Femiziden zu Grunde liegt, im öffentlichen Diskurs verharmlost und verschleiert. Gewalt gegen Frauen, wird so aus dem Bereich der staatlichen Verantwortung in das Private, Familiäre verschoben. So wird verschleiert, was Femizide tatsächlich sind: grausame Verbrechen, oft geplant und durchdacht. Sie haben mehr mit der Ausübung von Kontrolle und Macht zu tun als mit Liebe. Die große Mehrheit der Femizide ereignet sich nach der Trennung des Paares oder wenn die Frau ihren Wunsch nach Beendigung der Beziehung geäußert hat. Dann begreift der Täter, dass sein System der Dominanz - basierend auf Demütigungen, extremem Kontrollverlust, Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls und Manipulation, die als "Gaslighting" bezeichnet wird - gescheitert ist. Die brasilianisch-argentinische Anthropologin Rita Segato erklärt in ihrer Studie über Vergewaltigung und Femizide in Mexiko, dass die gegen Frauen ausgeübte Gewalt tief mit toxischer Männlichkeit verwoben ist. Patriarchale Denkmuster und Verhaltensweisen sind fest in den Köpfen den Menschen, in den gesellschaftlichen und staatlichen Strukturen verwurzelt. Die Objektivierung von Frauen, auch von ihren Körpern, als Eigentum des Mannes, wird in diesem System legitimiert. Dieses Machtgefälle ist dafür verantwortlich, dass Gewalt gegen Frauen tagtäglich stattfindet. Um Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen müssen wir klare Worte finden, die patriarchale Macht benennen und in die Verantwortung nehmen.
Im FIZ beraten wir Migrantinnen und geflüchtete Frauen, die Gewalt erfahren haben oder sich in einer akuten Lebenskrise befinden.
Text von Romina Tumini